MIES (Schweiz) - Im Vergleich der Historie und der europäischen Erfolge könnten Nanterre 92 und Segafredo Virtus Bologna unterschiedlicher nicht sein. Die Italiener gewannen die Serie A 15 mal und heimsten vier Trophäen auf europäischer Ebene sowie zehn Pokaltitel ein. Ihr letzten Erfolg war hingegen in 2001. Da hieß Nanterre 92 noch JSF Nanterre und war weit von der ersten französischen Liga entfernt. 

 

Viel ist seither passiert. Nanterre holte auf, mit zwei europäischen Titeln, zwei Pokalsiegen und der Meisterschaft in 2006. Im direkten Duell finden die beiden Widersacher heraus, wer sich bald näher am nächsten Titel befinden wird. 

Der Weg ins Viertelfinale

Nanterre 92: Wie die Telenet Giants Antwerpen und Nizhny Novgorod, musste Nanterre 92 durch die Qualifikation und setzte sich gegen Karhu Basket durch. In der Gruppe B warteten Iberostar Teneriffa, PAOK, UNET Holon, Umana Reyer Venezia, die Telekom Baskets Bonn, Fribourg Olympic und Opava. Nanterre qualifizierte sich als Dritter bei einer Bilanz von 8-6 für die Playoffs nach einem entscheidenden Sieg bei Holon. Die Franzosen sind stark aus der Distanz. Vielleicht das stärkste Team im Wettbewerb. Gegen Bonn im Januar trafen die Mannen von Coach Donnadieu 19 Dreier und stellten damit einen Rekord auf. 

Nanterre verlor in der ersten Runde vergangenes Jahr gegen Banvit. In diesem Jahr ließen sie sich nicht vom türkischen Konkurrenten Besiktas hindern. Verletzungsprobleme bei Istanbul und eine starke Defense ermöglichten das Weiterkommen in den Playoffs. 

Virtus Bologna: Bologna spielte in der "Todesgruppe" D zusammen mit Neptunas Klaipeda, SIG Strasbourg, Besiktas Sompo Japan, Promitheas Patras, medi Bayreuth, Filou Oostende und Petrol Olimpija. Schon nach dem 82-78-Auftaktsieg in der Verlängerung gegen Neptunas Klaipedia wurde klar, dass mit diesem Team zu rechnen ist. Unter Coach Sacripanti gewannen sie die ersten sieben Spiele. Danach kamen sie etwas ins straucheln, zum Ende jedoch wieder in Fahrt und sicherten sich Platz eins.

In den Play-Offs traf Virtus auf den französischen Meister Le Mans, die langsam in die Saison starteten allerdings zum Ende hin immer stärker wurden. Vor dem Hinspiel wurde bekannt, dass Ex-NBA-Spieler Mario Chalmers nach Bologna kommt und den Backcourt um Tony Taylor und Kevin Punter nochmals verstärkt. Es war Taylor, der in Le Mans das Unentschieden im Hinspiel sicherte.

Inmitten dessen wurde Sacripanti als Coach von Sasa Djordjevic ersetzt. Eine ungewöhnliche und riskante Entscheidung zu diesem Zeitpunkt, die sich allerdings auszahlte. Djordjevic, einer der besten Coaches Europas, gewann sein ersten Spiel mit seinem neuen Team 81:58 zuhause und zog damit in die nächste Runde ein. Ein sichtbarer Unterschied im Spiel war die Produktion der großen Spieler. 

 

Statistiken

Nanterre trifft erneut auf ein Team, das das Inside-Game dominiert. Das Erfolgsrezept der Franzosen ist der Distanzwurf. Sie sind das Team mit der besten Quote der BCL (42.4%) sowie den meisten Distanzwürfen pro Partie (11.3). 

Pro Spiel

Nanterre 92: 80.6 points,11.6 turnovers, 46.3 FG%, 42.4 3P%, 74.5 FT%

Virtus Bologna: 84.9 points, 8.5 turnovers, 47.5 FG%, 34.9 3P%, 71.6 FT%.

Advanced

Nanterre 92: 116 ORtg, 104.9 DRtg, 56 eFG%, 14.6 TOV%, 50.9 Reb%, 26.8 OReb%, 59.6 AST%.

Virtus Bologna: 115.2 ORtg, 104.5 DRtg, 54 eFG%, 10.2 TOV%, 48.5 Reb%,  25.6 OReb%, 49.9 AST%.

Beide Mannschaften rangieren in den Top-5 im Offensive-Rating. Nanterre (4) war lange das zweitbeste Team dort, sowie Top-5 im eFG% mit 56%. Virtus ist Top-10 im Defensive-Rating mit 104.5 pro 100 Angriffen, Mario Chalmers wird da nur helfen, genau wie Yanick Moreira unter den Brettern. Bologna besitzt zudem das beste TOV% mit 10.2.  

Das Personal

Nanterre

Lahou Konate springt in dieser Grafik sofort ins Auge. Er startete jedes Spiel und ist der wichtigste Spieler im Team von Coach Donnadieu. Der französische Nationalspieler ist, wie Starter Jeremy Senglin, rund 30 Minuten auf dem Feld. Dahinter bildet sich eine Armee an Schützen, die immer wieder andere Rollen übernehmen. Haukur Palsson ist besonders interessant, da er oft in der Schlussphase spielt und in allen Vierteln gleichmäßig eingesetzt wird. 

Schlüsselspieler: Jeremy Senglin, Haukur Palsson und Adas Juskevicius führen das Team in Punkten an. Lahou Konate ist jedoch Nanterres wichtigster Spieler. Dazu kommt Hugo Ivernizzis Wurfstärke von fast 50% aus der Distanz sowie Julian Gambles Rolle als Brecher von der Bank. 

In der Abwesenheit von Dominic Waters schulterte Senglin sie Verantwortung. In seiner ersten vollen Saison in Europa blüht der Spielmacher von Weber State auf. Seine Geschwindigkeitswechsel und Bewegungen sind Kern seines explosiven Spiels. 

 

Virtus Bologna

Nanterres flexible Rotation steht eine strukturelle Einheit von Bologna gegenüber, die in erste und zweite Fünf aufgeteilt ist. Kelvin Martin, Dejan Kravic und Filippo Baldi-Rossi übernehmen, wenn die Starter sitzen. Trotz Kevin Punters Fähigkeiten, in der Schlussphase Punkte zu produzieren, haben Taylor und M'Baye die meisten Minuten in der Crunch-Time gesehen. Die späten Verpflichtungen von Moreira und Chalmers werden die Rotation ebenfalls verändern. Vor allem unter dem neuen Coach, der seinen Stil implementieren will. Kravic startete im Rückspiel und Chalmers wird stärker eingebunden werden. 

Schlüsselspieler: Tony Taylor, Kevin Punter und Amath M'Baye sind die Top-Scorer. Defensiv sind Dejan Kravic und Kelvin Martin die Stützen bei Bologna.

Pietro Aradori ist ein weiterer Faktor mit 10 Punkten und 38% aus der Distanz in jedem Spiel. Kevin Punter ist hingegen der Leistungsträger. Der Guard hat die meisten Punkten in der Basketball Champions League erzielt und ist einer der MVP-Kandidaten in diesem Jahr.

 

Coaching und Taktik

Das Duell des Trainer wird interessant. Auf den ersten Blick hat Sasa Djordjevic die Nase bei all seinen Erfolgen vorn. Auch der Spielplan kommt ihm zu gute, da er viele Trainingseinheiten einschieben konnte. 

Der neue Coach Djordjevic

So einfach ist es aber nicht. Coach Donnadieu kann mit Kontinuität kontern und besitzt einen Kader, der genau auf sein Spiel abgestimmt ist.  

Donnadieu besitzt zudem ein unvergleichliches Gefühl für das Spiel und weiß, welche Anpassungen für den Erfolg notwendig sind.  

Djordjevics Stil ist hingegen noch nicht geformt. Die Reaktion seines neuen Teams auf seine Ankunft war schon mal positiv. Schon im Hinspiel sollten die ersten taktischen Einflüsse zu sehen sein. 

Zusammenfassung

Virtus Bologna ist unter der Betrachtung der europäischen Erfahrung, des Kaders und der Bilanz der Favorit in dieser Partie. Nanterre ist die Rolle als Underdog gewohnt und das Hinspiel zuhause könnte als Chance dienen, mit einer Führung ins Rückspiel zu gehen. 

Virtus hat das Talent allerdings auf seiner Seite. Die Mischung aus wenigen Ballverlusten und Spielern, die ihren eigenen Wurf kreieren können ist ein sehr gutes Rezept für den Erfolg, auch auswärts. Bologna weiß, dass es die Serie zuhause bei einem engen Hinspiel in Nanterre entscheiden kann.