ANKARA (Türkei) - Ein schneller Blick vor dem Start der Saison auf den Kader von Turk Telekom was allen, was die Beobachter des europäischen Basketballs brauchten, um das Interesse zu wecken. Das Team aus Ankara besitzt eine faszinierende Kombination aus Größe, Talent, Erfahrung und Ambition. Von aufstrebenden Eigengewächsen und Importen bis hin zu erfahrenen Veteranen - Turk Telekom wirkt sehr ausgeglichen.   

Wir sprachen mit Head Coach Burak Goren über sein Team und seine Herangehensweise in dieser Saison.

Dies ist die erste Saison in der Basketball Champions League für den Klub. Was bedeutet dies für die Fans und den Klub ?

"Turk Telekom ist ein historischer Klub der den Sport in Ankara mit prägt. In allen Wettbewerben, auch auf europäischer Ebene, zu konkurrieren, gehört zur Tradition. Unser Erfolg ist auch ein Antrieb für den Basketball in  Ankara. Als ich vor drei Jahren hier anfing war der Klub in der 2. Liga. Im ersten Jahr stiegen wir auf und setzten uns gleich hohe Ziele. Die Unterstützung der Fans ist unglaublich . Sie lieben den Basketball und sind wichtig für die Erreichung dieser Ziele."

Moustapha Fall (Turk Telekom)

Welche Ziele verfolgen sie in der BCL und haben sich diese im Verlauf der Saison geändert?

"Die BCL wird durch die Zulauf an immer stärkeren Teams bedeutender. Gegen diese Teams anzutreten motiviert uns. Zu Beginn der Saison waren die Playoffs unser Ziel. Unsere Gruppe ist schwer, mit vielen gut geführten Teams und Talent. Alle Teams, die es aus dieser Gruppe in die nächste Runde schaffen, haben gute Chancen. Ich glaube, wir müssen Schritt für Schritt denken. Unser Fokus liegt auf der Runde der letzten 16. Danach schauen wir weiter. 

Turk Telekom hat den ersten Platz in der Gruppe A fast sicher nach einem Sieg gegen Lietkabelis am 10. Spieltag. Derzeit haben sie die gleiche Bilanz wie AEK und Hapoel Jerusalem in deren erster BCL-Saison. Nur Iberostar Tenerife und ERA Nymburk haben derzeit mehr Siege auf dem Konto. 

Der Erfolg in Europa kann allerdings oft auch den Rhythmus in der nationalen Liga beeinträchtigen. Vergangene Saison wurde Ankara sechster in der BSL - und das als Aufsteiger. In diesem Jahr ist die Herausforderung, diese Niveau zu halten. Denn derzeit liegen sie außerhalb der Playoff-Plätze. 

Wie bereiten sie sich als Trainer auf die Spiele in zwei Wettbewerben vor?  

"Zwei Mal in der Woche zu spielen bedeutet ans Limit zu gehen. Wir genießen das aber. Das Reisen ist das schwierigste, da wir oft umsteigen müssen und so 13-14 Stunden unterwegs sind. Was uns physisch und mental beeinträchtigt. Wie auch unser Training uns unsere Vorbereitung auf einen Gegner. Wir haben als Team aber gelernt, damit umzugehen. Wer Ziele hat, muss damit zurecht kommen."

Ein Weg ist Erfahrung. Mit T.J. Campbell und Muhammed Baygul hat Coach Goren zwei Spieler in seinen Reihen, die Disziplin und den richtigen Umgang vorleben. Beide gewann in ihrer Karriere Titel. Die meiste Spielzeit geht an neun Spieler in einem ausgeglichenen Kader mit klaren Rollen für alle. 

Wie rekrutierten sie die neuen Spieler? Orientierten sie sich an ihrem Stil und suchten Talent, das passt oder andersrum?  

"Jeder Coach auf diesem Niveau besitzt eine Philosophie. Ich habe meinen Trainerstab über lange Zeit zusammengestellt. Dazu haben wir als Klub eine Philosophie, die dem modernen Basketball in unseren Augen gerecht wird. Mein Job ist es, das System und die Philosophie zu implementieren. Das braucht Geduld und harte Arbeit sowie die Bereitschaft bei den Spielern und dem Trainer, Opfer zu bringen." 

Wie beschreiben sie diese Philosophie auf und abseits des Parketts?

"Turk Telekom ist ein großer, historischer Klub der seine Spieler und das Personal wertschätzt und respektiert. Wir unterstützen die Jugend und versuchen Spieler zu finden, die bei uns lange Zeit erfolgreich spielen können."

Wie beschreiben sie ihre Philosophie?

"Meine Philosophie ist simpel. Einander helfen, die Bereitschaft, Opfer zu bringen, in der Defense hart arbeiten und in der Offense teamdienlich spielen."  

Teamdienlichen Basketball sah Coach Goren am 10. Spieltag gegen Lietkabelis. Sein Team verteilte 27 Assists bei 32 Treffern. Johnson, Baygul und Fall hatten jeweils mehr als 5 Assists. Der folgende Clip illustriert das. Alle fünf Spieler berühren den Ball mit zwei, drei Extra-Pässen.

Die Konstante im Spiel von Turk Telekom ist der Pass in den Post auf den großen Spieler. Zu Beginn der Saison schrieb ich das Jahr der Big Men aus. Schon damals war zu sehen, welchen Einfluss Moustapha Fall auf die gegnerische Defense hat.   Coach Goren bestätigt, dass sein Team um den französischen Center herum aufgebaut ist.

"Aufgrund unserer Erfahrungen aus den Vorjahren gingen wir mit dem Vorhaben in die Saison, mit einem Rim Protector zu spielen. Moustapha Fall war unser Hauptziel."

Fall spielt herausragend. 11.5 Punkte, 7.9 Rebounds und 3.5 Assists, die meisten Vorlagen im Team. Dazu trifft er 70% aus dem Zweierbereich via Dunks, Hook Shots und Putbacks. Damit forciert er oft das Doppeln und findet so den freien Mitspieler. Er trifft schon jetzt fast immer die richtige Entscheidung, was der folgende Clip zeigt. Lietkabelis doppelt und Fall spielt den großartigen Pass. 

Der Klub sucht zudem nach jungen türkischen Talenten, die über mehrere Jahre aufgebaut werden können. Die Center-Position sollte mit einem Eigengewächs gefüllt werden. Zusammen mit Fall bildet Egemen Guven ein junges, hungriges Duo auf der Fünf.   

"Egemen Guven ist in seiner Altersklasse ein elitärer Spieler. Er war aber nicht in der richtigen Situation. Zunächst sah es so aus, als hätten wir zwei Center geholt, die schwache Jahre gespielt haben. Beide haben sich durch ihre Einstellung und ihren Charakter längst davon gelöst."

Die Ausgeglichenheit im Frontcourt geht auf dem Flügel weiter. Kyle Wiltjer und Metin Turen sind beide Stretch-Fours, unterscheiden sich aber in ihrer Art. 

"Kyle Wiltjer ist eine sehr flexible Vier, der in den modernen Basketball passt. Metin Turen ist Nationalspieler und noch relativ jung, allerdings mit viel Potenzial. Er hat in dieser Saison schon viel gelernt und ist am Brett und in der Zone effektiver."

Kyle Wiltjer war einer der interessanten Namen im Kader. Der Kanadier spielt seine dritte Saison in Europa. Nach einem soliden Jahr in der ACB erzielt er nun 16.8 Punkte und 6.9 Rebounds bei 50.4% aus dem Feld, darunter 40% aus der Distanz. Offensiv kann Wiltjer alles und passt sehr gut zu Moustapha Fall. 

R.J. Hunter, Nick Johnson und T.J. Campbell bilden einen Backcourt aus Erfahrung und Potenzial. Warum entschieden sie sich für diese Spieler?

"TJ Campbell und ich haben bereits vier Jahre miteinander gearbeitet und wir kennen uns. Er ist ein Top-Spieler, mit grandioser Arbeitseinstellung und gutem Charakter. Er ist an beiden Enden des Feldes stark und spielt teamdienlich." 

Campbell legt 9.4 Punkte, 1.8 Rebounds und 3.4 Assists auf. Diese Zahlen spiegeln nicht wider, wie wichtig er ist. Gegen Holon machte er 15 Punkte, dann 26 gegen Sassari. Eine Woche verteilt er dann 5 Assists gegen Manresa. Campbell weiß, was sein Team von ihm braucht. 

Das zeigt der folgende Clip. Im Umschaltspiel spielt er gegen Zeljko Sakic (nicht für sein Shot-Blocking bekannt) und kann den Floater absetzen. Er dribbelt aber an der Baseline entlang und findet den heißen R.J Hunter für den Dreier. Dieser besitzt den schnellsten Wurf Europas.

"RJ ist ein großes Talent der im ersten Jahr in Europa spielt. Er besitzt ein breites Repertoire in der Offense, muss sich aber noch an das Spiel hier gewöhnen. Nick Johnson ist ebenfalls talentiert und ein echter Profi. Er trägt große Verantwortung an beiden Enden des Feldes. Zu Beginn hatten wir Anpassungsprobleme. Es brauchte etwas Zeit. Unser Team redet aber viel und versteht sich sehr gut."

Der letzte aber nicht schwächste Spieler ist Muhammed Baygul. Mit 27 Jahren ist der Combo-Guard fast schin der erfahrenste im Team, wenn es um den internationalen Wettbewerb geht. Derzeit legt er 10.5 Punkte, 4 Rebounds und 3.4 Assists auf. Baygul spielt die vielleichte beste Saison seiner Karriere. Coach Goren kannte ihn bereits gut.

"Ich habe Muhammed vor fünf Jahren bei meiner ersten Station als Coach verpflichtet und gab ihm viel Spielzeit. Er gewann den EuroCup mit Darüssafaka und spielte in der EuroLeague mit Pinar Karsiyaka. Ich glaube an sein Potenzial und seine Fähigkeiten. Er war uns im Sommer wichtig und nimmt eine große Rolle im Team ein."  

Turk Telekom empfängt am 11. Spieltag Baxi Manresa, das das Hinspiel mit +5 gewann.  

Mit den Fans im Rücken werden Coach Goren und Turk Telekom mit viel Selbstvertrauen in das Spiel gehen. Ein Sieg mit mehr als fünf Punkten wäre fast schon die Qualifikation für die nächste Runde.