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Zaragozas Talent Alocen wandert auf Rubios Pfad

Um die Entwicklung junger, lokaler Talente zu unterstützen, müssen Teams in der Basketball Champions League fünf eigene Nachwuchstalente auf dem Spielbogen melden (bei zehn oder weniger gemeldeten Spielern sind es nur vier Eigengewächse). Viele dieser Spieler werden als Top-Talente in ihren jeweiligen Ländern angesehen. Wir schauen in dieser Saison auf diese Spieler und ihren Fortschritt.

ZARAGOZA (Spanien) - Ricky Rubio besitzt im spanischen Basketball einen besonderen Stellenwert - sowohl auf Klubebene, als auch in der Nationalmannschaft. Carlos Alocen von Casademont Zaragoza schickt sich an, in Rubios Fußstapfen zu treten. 

Alocen, der am 30. Dezember 19 Jahre alt wird, wurde aufgrund seiner Erfolge im Jugendbereich schon mit dem spanischen NBA-Star verglichen. Zweifelsohne hat der junge Playmaker eine verheißungsvolle Karriere vor sich. Der 1.92 Meter große Alocen ist das nächste große Talent Spaniens auf der Spielmacherposition. Eine Position, auf der viele seiner Idole spielen. 


"Ich mochte schon immer viele der spanischen Point Guards. Wir besitzen eine sehr gute Nationalmannschaft und Nationalspieler," so Alocen. "Ich mag Sergio Llull sehr für seine Art des Spiels und wie er das Spiel fühlt. Ich liebe Ricky Rubio. Für mich ist er derzeit der Beste. Ich verfolge seine Karriere genau, seitdem er in der NBA ist. Sergio Rodriguez ist ein Killer und besitzt eine hohe Qualität."

Verbindung nach Madrid

Alocen ist in Zaragoza geboren und aufgewachsen, besitzt aber eine starke Verbindung nach Madrid und ist Fan. Was logisch ist, da sein Vater, Alberto Alocen, für Real spielte. 

"Ich habe mir immer die Spiele angeschaut. Mein Vater ist in Madrid geboren und liebt die Stadt. Einer meiner Bruder ist dort auch geboren. Nur unser ältester Bruder macht Probleme - er ist Fan von Barcelona," spaßt Alocen. 

 

Alberto Alocen spielte in der Jugend für Real Madrid und wechselte dann zu Oviedo und später zu CN Helios sowie Penas Huesca. 1978 spielte er für die Nationalmannschaft bei der FIBA U20 EM und musste sich erst im Finale der damaligen Sowjetunion geschlagen geben. Er spielte zusammen mit Legenden wie Juanma Iturriaga, Juan Antonio San Epifanio und Fernando Romay.


Der junge Alocen verrät, dass sein Vater großen Einfluss besitzt - vor allem auf dem Parkett. 

"Er hat mich stets unterstützt und sagte mir immer, ich solle Basketball genießen. Das war sein bester Rat, den ich bis heute befolge", so Alocen. 

Sein Vater war einer der Leistungsträger bei Penas Huesca von 1982 bis 1990, nur 75 Kilometer entfernt von Zaragoza, wo Carlos im Dezember 2000 zur Welt kam. 

Trotz seiner Anhängerschaft zu Real Madrid schaute er die Spiele von Zaragoza seit seinem siebten Lebensjahr regelmäßig. 

Der erste Schmerz

Alocens Karriere bei Zaragoza begann im Alter von 10 Jahren. Er arbeite sich durch die Teams nach oben. Sein Aufstieg blieb nicht unbemerkt. Der spanische Verband FEB nominierte Alocen für die FIBA U17 WM in 2016, trotz seines Alters, in Zaragoza. 


"Es war toll. Ich spielte nicht viel, doch die Atmosphäre war fantastisch," erinnert er sich. Alocen erzielte nur 2.0 Punkte, 2.0 Rebounds und 4.0 Assists in 61 Minuten über vier Spiele. 

Die eigenen Fans unterstützten ihn bei dem ersten herben Rückschlag - der Niederlage in Overtime gegen die Türkei, gefolgt von der Niederlage im Spiel um Platz drei gegen Litauen. 

"Das hat weh getan. Wir wollten im Finale gegen die USA spielen und waren so nahe dran. Wir sind dennoch stolz, da wir alles gegeben haben," sagt er. 

 

In Rubios Fußstapfen

Alocen musste nicht lang auf die nächste Chance warten. Die FIBA U17 WM endete am 3. Juli, die FIBA U16 EM begann am 12. August in Radom, Polen. Spanien wurde selten getestet und gewann die ersten sechs Spiele mit im Schnitt 18.7 Punkten Vorsprung. Im Finale gewann der Favorit 74:72 gegen Litauen und gewann zum vierten Mal bei einer U16 EM. Alle seit Rubios magischer Leistung 2006. 

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Hoy hace un año...🔙🥇🏆 #Familia

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"Das war ein tolles Gefühl. Einer der besten Momente meines Lebens. Es war ein schwieriges Turnier, doch wir gewannen", so Alocen, der
 9.9 Punkte, 2.3 Rebounds, 6.3 Assists (Platz eins) und 2.0 Steals auflegte und wie Rubio 2006, Dani Diez und Jaime Fernandez in 2009 und Sergi Garcia, Xavier Lopez-Arostegui und Santi Yusta  in 2013 Europameister wurde. 

Wie Rubio und Garcia spielte Alocen anschließend im Jordan Brand Classic in Brooklyn.

Rekordverdächtiges ACB-Debüt

Das nächste Highlight kam am 30. Oktober 2016, wo er sein Debüt in der ACB für Zaragoza gab - im Alter von 15 Jahren und 10 Monaten, gegen niemand anderen als Real Madrid.  

"Ich erinnere mich, sehr nervös gewesen zu sein. Ich traf die einfachster Dinger nicht, was aber normal ist. Nun fühle ich mich anders. Aber der jüngste Spieler eines Klubs zu sein, der sein Profidebüt gibt, ist ein Traum", verrät Alocen, der damit Sergi Garcia ablöste. 


Auch wenn er seinen Wurf daneben setzte und sich einen Ballverlust in nur einer Minute Spielzeit leistete, wurde er der drittjüngste Spieler in der ACB, hinter Angel Rebolo und ... Ricky Rubio. Alocen war 122 Tage jünger als Luka Doncic. 

"Mit diesen Spielern verglichen zu werden ist unglaublich. Ich muss noch hart arbeiten, um an die heran zu kommen. Trotzdem bin ich stolz", sagt Alocen. 

 

Lernen von den Veteranen

Alocen absolvierte zwei Spiele in der ACB in 2016-17. In der Folgesaison waren es vier Partien. Im Juni 2018 unterschrieb er einen Vierjahresvertrag bei Zaragoza. Da wusste er noch nicht, wie viel Spielzeit er bald erhalten würde. Alocen hatte sich gut vorbereitet. 2017-18 sah er nicht viel Zeit, doch er schaute sich viel bei Veteranen wie Janis Blums und Gary Neal ab, der die ACB im Alter von 34 Jahren in den Punkten anführte. 


"An vielen Tagen trainierte ich mit ihnen, dann durfte ich mit ihnen spielen. Es war eine tolle Erfahrung. Gary war unglaublich", erinnert sich Alocen.  

Vergangene Saison spielte Alocen dann neben den Veteranen Bo McCalebb und Renaldas Seibutis.

"Ich lernte einiges darüber, was es bedeutet, ein Profi zu sein. Vor dem Training in der Halle zu sein, anschließend zu werfen, auf meinen Körper zu achten und Details im Spiel umzusetzen, die alles einfacher machen", erinnert sich Alocen, der auch von Fran Vazquez und Nacho Martin lernte.

Alocen gibt zu, dass er vor der vergangenen Saison keine Erwartungen hatte.

"Ich wusste, wie schwer die Liga ist und dass ich jung bin. Ich wollte einfach besser werden und mir dadurch Minuten verdienen. Am Ende spielte ich mehr, als ich erwartet habe", sagt Alocen, der im Schnitt 5.5 Punkte, 1.7 Rebounds und 2.4 Assists erzielte. 

Debüt in der Nationalmannschaft

Nach einigen Monaten erhielt Alocen einen Anruf, den er nie vergessen wird. Am 12. Februar 2019 wurde er zu den Qualifikationsspielen zur FIBA WM 2019 eingeladen. 


"Als der Anruf kam konnte ich es nicht glauben. Ich war unterwegs, rannte nach Hause und erzählte es meinem Vater. Es war ein besonderer Moment, den ich nie vergessen werde," erinnert er sich. 

Zehn Tage später spielte er die letzten 2:21 Minuten der erste Halbzeit gegen Lettland in Riga. Er wurde damit der viertjüngste Spieler nach Carlos Sevillano, Juan Antonio Corbalan und … natürlich … Ricky Rubio, der für Spanien auflief.

"Es war ein Traum. All Kinder träumen davon. Diese Chance zu erhalten war unvergesslich", gibt er zu. 

Glücksgefühle in Lettland

Passenderweise gab Alocen sein Debüt in Lettland und konnte so vergessen, was geschah, als er zum letzten Mal das spanische Trikot trug. Spanien spazierte durch die Gruppenphase  der FIBA U18 mit drei deutlichen Siegen. In der Runde der letzten 16 verloren Alocen & Co. mit 83:78 gegen Montenegro und verpasste damit die Teilnahme an der FIBA U19 WM 2019. 

Carlos Alocen bei der FIBA U18 EM 2018 

"Das war unglaublich hart," gibt Alocen zu. "Wir spielten nicht gut und Montenegro war besser. Dazu verspielten wir unsere Chance auf die WM."

Rückblickend ist Alocens größte Lehre, dass niemand unbezwingbar ist. 

"Ich glaube wir alle haben viel von dieser Niederlage gelernt. In solch einem Turnier kann jeder jeden bezwingen", sagt Alocen. 

 

Besser bei der Rückkehr


Nach seiner Zeit bei der A-Nationalmannschaft kehrte Carlos Alocen mit mehr Selbstvertrauen zurück nach Zaragoza. Seine Zahlen belegen dies. Vor den Länderspielfenstern erzielte er in 17 Spielen im Schnitt 4.4 Punkte, 1.5 Rebounds und 1.8 Assists bei 13.3 Minuten. Anschließend legte er in 14 Spielen 6.6 Punkte, 2.6 Rebounds und 3.8 Assists bei 23.6 Minuten auf. 

"Ich erhielt eine Menge Selbstvertrauen, was sehr wichtig für mich war", sagt er. "Der zweite Teil der Saison war etwas besonderes, da wir als Team sehr gut spielten."

Alocen wurde zum besten jungen Spieler der ACB gewählt. 

 


"Es gab viele Kandidaten. Dass ich die Auszeichnung bekam, bedeutet mir sehr viel."  

2019: Ein weiteres besonderes Jahr

2019 hielt weitere Highlights bereit. Er spielte bei der FIBA U20 EM und schaffte es mit Spanien ins Finale, wo Israel mit 92:84 gewann. 

"Eine Medaille zu gewinnen ist sehr schwer. Wir wollten Gold, doch Israel ist ein talentiertes Team. Gegen sie war es sehr schwer und sie haben Golf verdient," gibt Alocen zu, der 11.9 Punkte, 3.7 Rebounds, 6.4 Assists und 2.0 Steals erzielte, in die All-Star-Five gewählt wurde und wie sein Vater 1978 Silber gewann.  

Ein großer Deal mit Real Madrid

Nur vier Tage später unterzeichnete er einen Vertrag bei Real Madrid über fünf Jahre. 

"Natürlich bedeutet es mir sehr viel", sagt Alocen. "Ich habe Real Madrid schon immer geliebt und hier zu spielen ist fantastisch."

 


Bei der Bekanntmachung wurde auch erklärt, dass Alocen in dieser Saison noch bei Zaragoza auf Leihbasis spielen würde. Eine Entscheidung, die in seinen Augen Sinn macht.  

"Es ist wichtig, dass ich weiterhin spiele und mich verbessere. Wer bei Real spielen will, muss bereit sein. Ein weiteres Jahr hier zu spielen, wird mir gut tun," sagt er. 

Internationale Erfahrung

Eine weitere Saison mit Zaragoza bedeutet auch die erste Teilnahme an einem europäischen Klubwettbewerb, der Basketball Champions League. 

"Ich bin sehr froh, denn ich erhalte vom Trainerstab trotz meiner 18 Jahre viel Vertrauen. Ich möchte diese Einsatzzeit und will mich jeden Tag verbessern," gibt Alocen das Ziel aus. 

"Die größte Herausforderung ist, Tag um Tag besser zu werden. Natürlich möchte ich auf dem höchstmöglichen Niveau spielen. Bis dahin ist noch ein weiter Weg," sagt Alocen der, momentan 6.3 Punkte, 4.2 Rebounds, 4.8 Assists und 0.8 Steals in der BCL erzielt. 

Neben seiner Karriere in der ACB und BCL studiert Alocen Marketing in Online-Kursen.

"Oft ist es schwer, da wir sehr viel trainieren und wenn ich abends nach Hause komme, bin ich müde. Mit Konstanz schaffe ich aber beides. Wenn du etwas willst, dann musst du dem nachgehen," sagt Alocen. 

Anders als einige seiner ehemaligen Teamkollegen Golden Dike und Santi Aldama lehnte Alocen ein Angebot von Gonzaga in den USA ab. 

"Das College ist eine tolle Möglichkeit für junge Spieler. Ich hatte dieses interessante Angebot. Am Ende wollte ich aber hier bleiben. Mein Herz sagte mir, nicht zu gehen und bisher bereue ich die Entscheidung nicht", so Alocen, der das Angebot im März 2019 ablehnte. 

Oh Captain, my captain

Alocen ist in besonderer Rolle. Er ist der Kapitän bei Zaragoza mit 18 Jahren.  

"Das ist ein unglaubliches Gefühl. Für mich als Spieler, der hier geboren ist, ist das Wahnsinn."

Zaragoza steht bei 3-3 in der Basketball Champions League und das Ziel sind die Playoffs. 

"Die BCL ist ein schwerer Wettbewerb. Wir wollen als Team wachsen und so weit kommen, wie möglich", beschreibt Alocen die Saison. 

 
Und wie wird das geschafft? "Wir müssen geduldig sein. Wir sind gut gestartet und freuen uns. So müssen wir aber weitermachen und hart arbeiten."

Mehr Siege in der BCL sind zweifelsohne wichtig, bevor das erste Highlight in der ACB wartet - das Spiel gegen Real am 1. Dezember.

"Das wird natürlich ganz besonders. Es wird ein schweres Spiel und wir müssen alles geben, um zu bestehen," schätzt er da Spiel ein. 

Dank seines Studiums hat Alocen die diplomatischen Antwort schon drauf. Auf dem Parkett wird er nicht so diplomatisch sein, sondern Erfolge jagen - wie eben Ricky Rubio. 



The Basketball Champions League's columnists write on a wide range of topics relating to basketball that are of interest to them. The opinions they express are their own and in no way reflect those of FIBA or the Basketball Champions League.

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David Hein

David Hein

Walk into the media tribune of any major basketball event and there's a good chance you will come across David Hein. Having covered dozens of FIBA events, including numerous women's and youth events, there are few players Dave doesn't know about, and few players who don't know him. His sporting curiosity means he is always looking to unearth something new and a little bit special. David Hein's Champions League Home Grown is a weekly column digging out the freshest basketball talent in the competition and assessing what the basketball landscape will look like a couple of years down the line.