09 Oktober, 2018
05 Mai, 2019
20/04/2019
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Die Rückkehr der Könige - ein Blick auf Iberostar Teneriffa

SAN CRISTOBAL DE LA  LAGUNA (Spanien) - Ein Rückblick auf den Mai des Jahres 2017, in welchem Santiago Martin den ersten großen Basketball-Event ausrichtete. Nach der Umbenennung von CB 1939 Canarias in Iberostar Teneriffa in 1994, gelang dem Klub von der Insel der Aufstieg in die ACB. Der größte Erfolg bis dahin war ein Viertelfinale im Copa del Rey. In der Basketball Champions League traf Teneriffa im ersten Jahr allerdings gleich ins Schwarze. Als Ausrichter des Final Four wurde Banvit im Finale geschlagen und die Spanier krönten sich zum ersten Champions der BCL. 

Wie so oft für neuerlich erfolgreiche Teams bedeutet solch ein Sieg auf Aderlass. Final Four MVP Marius Grigonis wechselte zu Alba Berlin, Aaron Doornekamp zu Valencia, Georgios Bogris ging zurück zu Olympiacos und Will Hanley nach Porto. Selbst der Trainer Txus Vidorreta wurde von Valencia umworben. Das Grundgerüst aus Javier Beiran, Rodrigo San Miguel, Ferran Bassas, Nicholas Richotti, Mamadou Niang, Davin White und Tim Abromaitis blieb jedoch intakt und steht nun, in 2019, erneut im Final Four. 

Der Weg ins Final Four

Das setzen auf einen starken, konstanten Kern ist ein Hauptgrund für den Erfolg in Teneriffa. Die Neuen, Nicolas Brussino, Pierre-Antoine Gillet und Sebastien Saiz passten von Anfang an gut. Colton Iverson ist der perfekte Center und reiht sich ein hinter die Vorgänger Bogris, Vazquez und Tobey. Seine Qualität als Block-steller, Abroller und Passfänger, zusammen mit seiner eigenen Fähigkeit, zu passen, machen ihn so wichtig.  

Mindestens genauso wichtig wie der Kern und die neuen Spieler ist die Rückkehr Trainer Txus Vidorreta. Unter Nenqd Markovic und Fotsis Katsikaris spielte Teneriffa weiterhin den gleichen Offensiv-Basketball. In der Defense fehlte aber der Tuch von Vidorreta.

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Seit seiner Rückkehr normalisiert sich wieder alles. In 2016/17 dominierte Teneriffa in der regulären Saison (11-3). In diesem Jahr war es eine Bilanz von 11-3. Im ersten Jahr wurden die drei Spiele mit vier oder weniger Punkten verloren. Dieses Jahr mit insgesamt drei Punkten. Die Playoffs gleichen sich auch. Beide mal gewann Teneriffa zwei der vier Spiele auf dem Weg ins Final Four. 2017 verloren sie je ein mal gegen PAOK und anschließend gegen ASVEL, machten den Sack daheim jedoch zu. Diese Saison wurde ein mal in Promitheas verloren (eine der schwersten Niederlagen mit 12 Punkten) und ein mal in Jerusalem. In den Rückspielen dominierten die Aurinegros allerdings beide Teams. 

 


Dank der vielleicht komplettesten Saison in der BCL, besiegten die ersten Champions auf dem Weg zum Final Four das Team, welches viele als Favoriten ansahen. Eine Kritik an Teneriffa war das individuelle Scoring und die Fähigkeit, in entscheidenden Phasen abzuliefern. Gegen Jerusalem stellte Tim Abromaitis dies ad absurdum. Der Amerikaner macte im Rückspiel zuhause 21 Punkte und holte sich 9 Rebounds, was das Team von den Kanaren zurück ins Halbfinale katapultierte (und ihn zum MVP im Viertelfinale machte). 

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🏆 @CBCanarias' @TimAbro named MVP of the Quarter-Finals! #BasketballCL

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Iberostar war aber schon immer mehr als die bloße Summe der Einzelteile. Ein mal ist es Ferran Bassas, der abliefert. Dann Seba Saiz. Es ist oftmals nicht nur ein Spieler, der eine Partie entscheidet, sondern das Team, das den Spieler findet, der am jeweiligen Abend seine Vorteile nutzen kann.

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Statistiken


Vieles gleicht dem Meisterteam in dieser Saison. In 2017 belegte Teneriffa Platz eins im Offensive-Rating und Platz zwei im Defensive-Rating. Dazu an eins im eFG% sowie Assist-Percentage. Das Datenblatt zeigt, dass Iberostar noch besser ist. Eins im O-Rtg. und D-Rtg. und 20 Punkte besser in 100 Angriffen als der Gegner. Dazu auf eins in eFG% und Ast%. wie im Vorjahr, aber auch im Rebounding-Precentage. 


Ein Fragezeichen sind die Ballverluste in diesem Jahr, wo sie unter den letzten vier Teams ganz unten stehen mit 15.2% TOV%. Teneriffa passt viel, was zu Fehlern einlädt. 67.8 Angriffe erspielen sie sich pro 40 Minuten (die wenigsten). In Summe sind die Ballverluste also nicht allzu hoch. Im Final Four müssen sie allerdings besser auf den Ball aufpassen. 

In den letzten zehn Partien spielen Pace und Ballverluste eine Rolle, allerdings nicht so sehr wie befürchtet. 

Teneriffas Sieg im Rückspiel gegen Promitheas war die schwächste Vorstellung im Hinblick auf die Ballverluste (27.2%). Der Reiter "Pace" gibt Aufschluss, wie schnell Teneriffa an jedem Spieltag spielte. Nur zwei mal hatten sie über 70 Angriffe per 40 Minuten. Beide mal in einem Rückspiel in den Playoffs, beides mal Siege. Immer wenn Teneriffa schneller spielt, gewinnen sie. 

Natürlich habe sie auch eine Chance auf den Sieg, wenn sie das Tempo drücken und sich gute Würfe herausspielen. Zu glauben, dass sie in einem schnelleren Spieler weniger effizient sind, ist allerdings ein Irrglaube. Ein weiterer Trend ist in der Defense zu sehen. Teneriffa ist nur 3-2, wenn sie mehr als 110 Punkte pro 100 Angriffen zugelassen haben. Iberostar ist für ihren Distanzwurf bekannt, in den Playoffs war die Defense jedoch der Grund für den Erfolg. 

Hier ist ein Blick auf das Shooting von Teneriffa. 

Teneriffa wird nachgesagt, dass sie "Morey-ball" spielen, da sie gut und gerne aus der Distanz werfen, speziell aus der Ecken. Die Zahlen belegen dies. 

In der Grafik ist auch zu sehen, dass Tim Abromaitis eine wichtige Stütze ist. Er führt das Team aus den Ecken an. Von rechts ist er 5-von-6, was kein hohes Volumen darstellt. Er ist der beste Schütze im Final Four. 

Nicolas Brussino komplettiert die Gefahr aus der Distanz, während Mamadou Niangs 80% am Korb fasz ausschließlich ein Resultat von Dunks ist. Im Duell mit Ismael Bako von Antwerpen wird Niang eine größere Rolle spielen. 

Kader

Vor dem Viertelfinale schauten wir schon mal darauf, wie Txus Vidorreta seine Spieler eingesetzt. Dies ist das Diagramm der Playoffs und birgt Unterschiede. In der Saison hatte Vidoretta zwei klare Aufstellungen, wobei es im vierten Viertel etwas variabler zur Sache ging. Ähnliches in den Playoffs, wobei Luca Staiger für Javier Beiran startete, genauso wie Brussino. 

Colton Iverson, Nicolas Brussino und Tim Abromaitis waren im vierten Viertel zudem immer auf dem Parkett. Genau wie Ferran Bassas, auch mit Rodrigo San Miguel.  Der Wechsel von große auf klein macht Teneriffa defensiv so stark. 

Teneriffas effizienteste Aufstellung der Playoffs:

Davin White, Colton Iverson, Nicolas Brussino, Rodrigo San Miguel, Tim Abromaitis  (Net Rating: +9 Punkte per 100 Angriffe).

Ferran Bassas, Tim Abromaitis, Colton Iverson, Nicolas Brussino, Lucca Staiger (Net Rating: +9 Punkte per 100 Angriffe).

In beiden Aufstellungen sind Colton Iverson, Nicolas Brussino und Tim Abromaitis vertreten. 

Colton Iverson

Es ist eine Sache, große zu sein. Eine andere, groß zu spielen. Iverson setzt harte Blöcke, krallt sich Rebounds und fängt Lobs. Er dominierte Jerusalem unter den Körben und schob die Gegner durch die Gegend, was die Clips zeigen. 

Auch Abromaitis Rolle abseits des Balls macht die Kombination so schwer zu verteidigen. 


Zudem ist Iverson ein sehr guter Passer, der den Ball aus dem Post heraus passt.

 

Nicolas Brussino

Nicolas Brussino kann werfen. Der Argentinier spielte 54 Partien für die Dallas Mavericks in 16/17, bevor er nach Gran Canaria kam. Dort fand er nie eine Rolle, in Teneriffa schon. Er trifft 46% von außen (3.6 Würfe) und 70% innen in 20 Minuten. Er erzielt 9 Punkte im Schnitt. Pro 36 Minuten macht er 16.2 Punkte, 6.4 Rebounds und 3 Assists. Das Video zeigt, was den 2.03m Flügel so stark macht. 


Defensiv passt Brussino auch nach Teneriffa, der seine Länge und Fußarbeit nutzt um Pässe schwer zu machen. 

 

Tim Abromaitis 

Zwar gewinnt Teneriffa seine Spiele nicht wegen eines großen Stars. Wenn es aber einen wichtigen Spieler gibt, ist es Abromaitis. Er spielt als Stretch-Four und kann mit größeren Spielern in der Defense mithalten und offensiv Blöcke nutzen um den freien Dreier abzufeuern.   

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😤 @TimAbro put up 21PTS & 6REB to help @CBCanarias move to the #BasketballCL Final Four!

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Seine Vielseitigkeit in der Defense gegen Guards wie Forwards macht ihn so wertvoll, was der Clip zeigt. 

 

Tactik

Auch das adressierten wir bereits, vor allem die ATOs:


Oder Out of bounds plays:


Dieses Team bewegt den Ball gut, ist vielseitig und defensiv stark. Teneriffa lässt schwieriges einfach aussehen. Die Blaupause lässt vermuten, dass es egal ist, wer auf dem Parkett ist, oder gegen wen sie spielen. Teneriffa führt das System perfekt aus. Und im Vergleich zu 2017 sind sie noch besser. Dazu noch ein Video:

 

Als nächstes

Telenet Giants Antwerpen.

In zwei Spielzeiten liegt Antwerpen mit 2-0 vorn. Das Team von Roel Moors will vor den eigenen Fans ein 3-0 daraus machen. Wer den Heimvorteil brechen kann, ist Teneriffa.  

Wenn es aber ein Team gibt, dass Teneriffas Flow durchbrechen kann, ist es Antwerpen. Die Spanier brauchen ihre Erfahrung und kollektive Spielweise gegen dieses junge Team. Das Duell auf der Aufbauposition zwischen  Ferran Bassas und Paris Lee wird besonders interessant. Genau wie der Kampf unter den Körben zwischen Ismael Bako und Colton Iverson, Sebastien Saiz und Mamadou Niang. 

 

Diccon Lloyd-Smeath

Diccon Lloyd-Smeath

Diccon is a basketball coach and analyst living in Madrid. Constantly digging in the crates of box scores and clicking through hours of game footage. Diccon is on the hunt for the stories within the stories. If you like to get a closer look at what’s going in the Basketball Champions League, you have found it.